Leben ist…schmecken!

Ihr Lieben,

ich trage mein Herz auf der Zunge – und manchmal schmeckt das ziemlich seltsam. Irgendwie ein bisschen nach Fettnäpfchen und bitteren Erkenntnissen. Aber vor allem: Schmeckt es nicht jedem.

Denn manchen gefällt Ehrlichkeit nicht. So als fühlten sie sich unwohl im Beisein von Menschen, die aus dem Herzen sprechen. Als fühlten sie sich ertappt von der Wahrheit.

 

Über Zungenträger

Ziemlich häufig frage ich mich deshalb: Sollen wir „Zungenträger” trotzdem weiter ehrlich sein? Oder sollten wir unser Herz lieber verschließen? Unsere Worte kontrollieren – wie unsere Gefühle?

In Berlin, der Stadt, in der mein Herz gerade wohnt, zählt Ehrlichkeit mehr als Höflichkeit. Vielen auch bekannt als „Berliner Schnauze”. Denn ein Berliner sagt, wie es ist, ohne Schleife im Kopf, was sein Gegenüber darüber denkt. Er ist direkt, sieht pauschal alles ein bisschen zu schwarz und hält sich nur äußerst selten mit Floskeln auf.

 

Geschmäcker sind verschieden

Am Anfang sehnte ich mich nach aufgesetzter Freundlichkeit zurück, wusste gar nicht, wie mir geschah, aber irgendwann, da wusste ich es zu schätzen. Entschied, dass ich es mag, zu wissen, woran ich bin, fühlte, dass hinter kalten Berliner Schnauzen ein warmes Herz steckt.

„Geschmäcker sind verschieden”, heißt es. Manche lieben Kaffee, andere nur Tee, viele lieben gesunde Ernährung, andere hassen Gemüse, einige lieben die Liebe, anderen macht sie Angst. Und manche tragen ihr Herz eben auf der Zunge. Andere tragen es in ihrem Herzen.

Manchen gefällt das eine, anderen das andere, aber alle Geschmäcker zusammen führen dazu, dass wir eine Wahl haben. Und aus einer Vielzahl an Möglichkeiten einzigartig wählen können.

 

Deine eigene Wahrheit

So wie jeder kleine Moment deines Lebens das große Ganze ergibt, führt jeder Unterschied zu einer großen Einzigartigkeit. Und egal, ob du nach innen oder außen ehrlich bist, irgendwann begreifst du: Du musst nicht den Geschmack von jedem treffen. Viel wichtiger ist deine eigene Wahrheit.

Denn dann beginnen Herzen auf Zungen nach Freiheit zu schmecken. Und jeder Moment deines Lebens nach Wahrhaftigkeit.

Koste ihn aus! Mit allen Sinnen!

 

Weil schmecken Leben ist.

Deine L*

„Und weißt du- was mit uns geschah Weißt du noch – weißt du noch Die wahre Liebe wurde wahr – weißt du noch So schmeckt der Sommer.”

Spuren…

“Denn wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine Zunge, dass sie nichts Böses rede, und seine Lippen, dass sie nicht betrügen. Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach.”

 

Erinnerung muss aufrecht erhalten werden

Das Gebäude des VRK, in dem wir heute sitzen, liegt genau dort, wo vor 80 Jahren die Synagoge Detmold stand. Das Grundstück wurde damals in den 50-er Jahren von der Stadt Detmold an uns verkauft. Gegenüber liegt das Evangelische Beratungszentrum der Lippischen Landeskirche – hier hatte bis Juni 2017 Pfarrer Christoph Pompe die Leitung inne. Sowohl wir als auch Pfarrer Pompe wollen die Erinnerung an die Synagoge aufrecht erhalten und an dessen Schönheit und gleichzeitig schrecklichem Schicksal erinnern. Pfarrer Pompe hat über die Jahre historische Daten und Zeitzeugenberichte gesammelt und zusammengefasst. Einen historischen Abriss der Ereignisse von 1938 hat er uns zur Verfügung gestellt:

Das Gebäude der Ev. Beratungsstelle wurde vom Lebensmittelgroßhändler Avenhaus 1903 gebaut. Der kleine Sohn war mit dem Sohn Max des Synagogendieners (Louis Flatow – gestorben im KZ Buchenwald) befreundet. Gegenüber stand die „Neue Synagoge“ der jüdischen Gemeinde in Detmold. Kein Mitglied der jüdischen Familie Flatow überlebte. So wie der Gedenkstein gegenüber erinnern unsere Bilder an die Schönheit des Gebäudes der Synagoge und an sein geschmücktes Inneres: es waren 242 aus Eiche geschnitzte Sitze vorhanden: 154 befanden sich im Erdgeschoss und 88 auf der Empore. Die Fenster zeigten Sinnbilder wie den siebenarmigen Leuchter. Schofar (Horn) und Palmenzweige sowie Inschriften wie: ….“Danket dem Herren“ ….“Der Herr ist mein Licht“ und …“Gedenke unserer zum Leben“. Das Gebäude wurde 1907 bei der Einweihung … in seiner äußersten architektonischen Schönheit als … „Zierde unserer Stadt“ gelobt. In der Nacht zum 10. November 1938 wurde es in Brand gesteckt: anwesend sind die Pfarrwitwe Meta Ulmke (inzwischen sog. …. SA-Mutter von Detmold) Kreisleiter Wedderwille, Bürgermeister Hans Keller und der stellvertretende Bürgermeister Wilhelm Schürmann (zugleich Dezernent für das Feuerlöschwesen). Die Feuerwehrleute bilden einen Absperrring. Aus einem Feuerwehrauto wurden Fässer mit Benzin gerollt und das Innere der Synagoge damit getränkt. In das Wohnhaus der Familie Flatow drangen Täter ein: Zeugen berichten später vom Schreien und Weinen der Kinder. Die Synagoge brennt bis auf die Grundmauern nieder – alles wird von Schaulustigen beobachtet. Die jüdischen Bürgerinnen und Bürger von Detmold werden noch in der Nacht um 2 Uhr und am späten Morgen verhaftet und ins Gefängnis eingeliefert – 60 in ganz Lippe. Alle unter 65 werden mit dem Omnibus nach Bielefeld gebracht und am 12. November 1938 in das KZ Buchwald gebracht.

Das was damals unseren Mitmenschen widerfahren ist, soll nie in Vergessenheit geraten. Das Leid und die Verbrechen, die verübt wurden, sollen nie wieder eine solche Macht erlangen. Und dafür  können nur wir sorgen und in dieser Verantwortung stehen nur wir. Wir alle.

Zur Erinnerung an die „Neue Synagoge“ und deren Geschichte hat der VRK Gedenkstelen mit weiteren Informationen aufgestellt − um diesen Ort im kollektiven Gedächtnis der Stadt Detmold lebendig zu halten. Die Stelen können wochentags in der Zeit von 7.00 Uhr bis 19.00 Uhr im Innenhof des VRK besucht werden (Zugang vom Doktorweg aus – gegenüber dem Theater)