Ich bin ein Gutmensch- warum selbstlos sein, glücklich macht.

Ihr Lieben,

es gibt 100 Gründe, warum ich Berlin liebe wie einen richtig guten Freund! Einer davon, eigentlich der wichtigste, der gute Freundschaft für mich ausmacht: Hier in Berlin hilft man gerne, wenn es anderen schlecht geht. Und Gutes zu tun, die gleichen Werte zu haben, das ist mir wichtig! Deshalb halten Berlin und ich- bei all unseren Macken und nervigen Eigenschaften- es auch schon so lange miteinander aus. In diesem Frühling sind es sogar 10 Jahre!

Als ich neu in der Stadt war, schrieb ich einige Monate als Journalistin für eine Berliner Zeitung. Bei der Einweihung eines sozialen Projektes traf ich auf den damals Regierenden Bürgermeister.
Während er sich großzügig bei den Salzstangen bediente, sagte er: „Berlin ist nicht nur für die Reichen und Schönen, wissen sie! Wir sind auch eine Insel für die Armen und Schwachen. Für die, die Zuflucht brauchen.“

Ich bediente mich auch schnell bei den Salzstangen, denn mir schossen Tränen in die Augen, weil seine Worte von Herzen kamen. Es gibt noch mehr von uns, jubelte mein Herz. Menschen, die anderen helfen! Die wissen, dass selbstlos sein, glücklich macht! Weil alles glücklich macht, das richtig ist.

„Immer diese Gutmenschen hier!“, lese ich wenig später in einem Kommentar bei Instagram. Direkt unter einem Post über das Gendern. Die meisten, die kommentieren, finden die Vorstellung gut, dass alle Menschen sich gesehen fühlen. Aber es gibt auch andere Meinungen. Und mir kommt die Idee: Vielleicht ist „Gutmensch“ die Internetversion des Satzes, den ich selber schon mein Leben lang höre: „Du bist auch zu gut für diese Welt, oder?“

Wenn ich jedes Mal einen Euro für diese Frage bekommen würde, sollte ich mir ein Sparkonto anlegen. Für einen guten Zweck natürlich. Die Berliner bleiben von Hatern im Netz, und Zweiflern im realen Leben, auf jeden Fall ziemlich unbeeindruckt- und helfen und gendern unbeirrt weiter. Vielleicht, weil hier viele Menschen leben, die wissen, wie es sich anfühlt, in Not zu sein. Vielleicht teilen sie unsere Sehnsucht nach einer besseren Welt, wirft mein Herz ein.

Auf dem Weg zum Kartons schleppen beim Umzug meiner Freundin, zweifle ich kurz an unserem Konzept. Innerlich überweise ich schnell einen Euro auf mein Sparkonto. Verwendungszweck: Zu gut für diese Welt.


Deine L*

„Wer nichts für andere tut – tut auch nichts für sich.“